GOOGLE MUSS VERGESSEN!

Big Law gegen Big Data-Sammler Google: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass der Suchmaschinenbetreiber Google dazu verpflichtet werden kann, Verweise auf Websiten mit sensiblen persönlichen Daten aus seiner Ergebnisliste zu streichen. Bürger können damit im Internet ein Recht auf Vergessen einfordern.

 

Nach dieser Entscheidung (Rechtssache C-131/12) kann ein Europäer Google dazu verpflichten, Links zu persönlichen, unangenehmen Dingen aus seiner Vergangenheit nach längerer Zeit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Der EuGH: „Der Betreiber einer Internetsuchmaschine bei personenbezogenen Daten, die auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten erscheinen, ist für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich.“

 

Die Dimension dieses Urteils: Der EuGH hat damit der Art weltweiter und überlebenslanger Vorratsdatenspeicherung von privaten Daten einen Riegel vorgeschoben. Damit kann Google und andere Betreiber sozialer Netzwerke dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie private Daten zur Schau und zur Verfügung stellen, um Geld damit zu verdienen.

 

Der EuGH in Luxemburg hat damit festgestellt, dass der Betreiber einer Suchmaschine, indem er automatisch, kontinuierlich und systematisch im Internet veröffentlichte Informationen aufspürt, eine „Erhebung“ von Daten vornimmt – Daten, die er dann mit seinen Indexierprogrammen „ausliest“, „speichert“ und „organisiert“, auf seinen Servern „aufbewahrt“ und in Form von Ergebnislisten an seine Nutzer „weitergibt“ und diesen „bereitstellt“.  Diese Vorgänge seien auch dann als Verarbeitung anzusehen, wenn sie ausschließlich Informationen enthalten, die genau so bereits in anderen Medien (wie zum Beispiel Tageszeitungen) veröffentlicht worden seien.

 

Rechtsansicht von RA Gabor bestätigt

Diese für Google überraschende Rechtsansicht des EuGH hat die Kanzlei Gabor bereits seit Jahren vor Gerichten gegen Google vertreten, unter anderem in einem  Fall gegen Google, der zurzeit beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte  in Straßburg verhandelt wird (Beschwerde Nr. 56298/13). Über den bundesweit beachteten Fall berichtete auch schon spiegel-online.de (Zum Artikel).

 

Da die Tätigkeit einer Suchmaschine zusätzlich zu jener der Herausgeber von Websites erfolge und die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten durch sie erheblich beeinträchtigt werden könnten, habe der Suchmaschinenbetreiber in seinem Verantwortungsbereich dafür zu sorgen, dass seine Tätigkeit den Anforderungen der Richtlinie RL 95/46/EG entspreche, urteilte der EuGH nun. Nur so könnten die in der Richtlinie vorgesehenen Garantien ihre volle Wirksamkeit entfalten und ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Personen, insbesondere ihres Privatlebens, tatsächlich verwirklicht werden.

 

Mit der bezeichneten Richtlinie der Union werden die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen, insbesondere das Recht auf die Privatsphäre, bei der Verarbeitung personenbezogener Daten geschützt (RL 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr – ABl. L 281, 31).

 

Geschäft von Google hat Grenzen

Eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die von einem Suchmaschinenbetreiber vorgenommen werde, ermöglicht es jedem Internetnutzer, anhand des Namens einer natürlichen Person mit der Ergebnisliste von Google einen strukturierten Überblick über die zu ihr im Internet verfügbaren Informationen zu erhalten, meint der EuGH. Diese betreffen zudem potenziell zahlreiche Aspekte des Privatlebens und hätten ohne die Suchmaschine nicht oder nur sehr schwer miteinander verknüpft werden können. Die Internetnutzer könnten somit ein detailliertes Profil der gesuchten Personen erstellen.

 

Die Wirkung des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Person wird laut EuGH noch durch die bedeutende Rolle der Suchmaschinen gesteigert, die den in den Ergebnislisten enthaltenen Informationen „Ubiquität“ verleihen. Wegen seiner potenziellen Schwere könne ein solcher Eingriff nicht allein mit dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers an der Verarbeitung der Daten gerechtfertigt werden.

 

Damit stellt sich der EuGH auch klar gegen eine vom OLG Hamburg vertretene Rechtsmeinung, die den wirtschaftlichen Interessen von Google mehr Gewicht eingeräumt hat als dem Persönlichkeitsrechtsschutz eines von der Kanzlei Gabor vertretenen Internetopfers (OLG Hamburg, Az.: 3 U 67/11).

 

Wendet sich künftig ein Internetopfer gegen die von Google vorgenommene Datenverarbeitung, ist u.a. zu prüfen, ob der betroffene Mensch ein Recht darauf hat, dass diese Informationen über ihn zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr durch eine Such-Ergebnisliste angezeigt wird. Wenn dies der Fall sei, seien die Links zu Internetseiten, die diese Informationen enthalten, aus der Ergebnisliste zu löschen, es sei denn, es liegen besondere Gründe vor, z.B. die Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Lebenrechtfertigen, urteilte der EuGH.

 

Schutz nun auch durch Datenschutzbehörden

Löschungs-Anträge könnten von der betroffenen Person unmittelbar an den Suchmaschinenbetreiber gerichtet werden, der dann sorgfältig ihre Begründetheit zu prüfen habe, schreibt der EuGH Google ins Stammbuch. Gibt Google solchen Anträgen nicht statt, kann sich die betroffene Person an die zuständige Datenschutzbehörde oder das zuständige
Gericht wenden, damit diese die erforderlichen Überprüfungen vornehmen und den verantwortlichen Betreiber anweisen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen.

 

Unser Rat: 

Hier wird dringend die Inanspruchnahme spezialisierter anwaltlicher Hilfe empfohlen. Google verteidigt sich in solchen Fällen gerne mit stereotypen Antworten auf Löschungsanfragen wie folgt: „Hier ist lediglich die Sozialsphäre Ihres Mandanten betroffen. Äußerungen dürfen insoweit nur bei schwerwiegenden Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht als unzulässig eingeordnet werden, dies ist hier mangels Formalbeleidigung nicht der Fall. Ein generelles öffentliches Interesse kann hier angenommen werden, da durch Bewertungssysteme dieser Art Markttransparenz geschaffen wird, die der Öffentlichkeit bei der Wahl von potentiellen Vertragspartnern hilft.“

 

Zuwiderhandlungen gegen Datenschutzrecht können mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die genannten Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten werden.

Zum Urteil des EuGH. 

 

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